Einmal quer durch den Süden
Februar 16, 2014 in Australia, Unterwegs
Es waren wieder einmal riesige Distanzen, die wir auf dem Weg von West nach Ost durch den Süden Australiens zurückgelegt haben – mehrere tausend Kilometer um etwas präziser zu sein. Aber immerhin hatten wir auf der Strecke einiges an Abwechsung: endlich mal wieder Wälder, riesige Bäume, dazu wunderschöne Strände, spektakuläre Küstenlandschaften und Dünen, schwindelerregende Klippen, glitzernde Salzseen, hügelige Weinanbaugebiete, dazwischen endloses baumloses Nichts, dann riesige Getreidefelder, moderne Millionenstädte, einsame Spuren der ersten Siedler, und wir haben wieder einmal die wunderbare Gastfreundschaft der Menschen erfahren – manche waren alte Bekannte, andere wurden neue Freunde.
Nachdem wir Perth verlassen hatten, ging es erst einmal in den südwestlichen Zipfel des Landes, den wir noch erkunden wollten bevor wir uns endgültig nach Osten wandten. Wir entdeckten wunderschöne Strände und spektakuläre Küste, an die die Wellen des offenen Ozeans peitschten. Wir erkundeten die netten kleine Orte der Gegend und genossen es, endlich mal wieder auf kurvigen Straßen und bei kühlem Wetter unterwegs zu sein. Wir besuchten die Weinanbaugebiete rund um Margaret River, und wir bestaunten die Wälder voller riesiger Bäume.
Seit Monaten hatten wir keine richtigen Wälder mehr gesehen. Und was für Wälder! Die riesigen Karri Bäume dieser Gegend werden bis zu 90 Metern hoch und gehören damit zu den größten Laubbäumen der Welt. Einige sind im Inneren hohl; andere wurden früher als Feuerausguck benutzt, und können auch heute noch bestiegen werden. Der auf den wir geklettert sind, war fast 70 Meter hoch. Ganz schön spektakulär, wenn man die eisernen Sprossen spiralförmig am Stamm hochklettert.
Durch den hübschen (Mini-)Gebirgszug der Stirling Ranges und endlose Weizenfelder ging es dann bis nach Esperance, wo wir von John und Stefanie eingeladen worden waren. John ist selber begeisterter Motorradfahrer, war irgendwo über unsere Webseite gestolpert und hatte uns kurzerhand eingeladen, bei ihnen zu wohnen, wenn wir nach Esperance kommen sollten. Ursprünglich wollten wir eigentlich nur ein bis maximal zwei Nächte bleiben – es wurden dann aber zehn daraus… es war einfach zu nett dort, um weiter zu fahren.
Wir konnten in Johns Werkstatt einige kleinere Servicearbeiten und Reparaturen an den Motorrädern und unserer Ausrüstung vornehmen und endlich auch mal wieder in einer super eingerichteten Küche kochen. Wir wurden richtig verwöhnt von der wunderbaren Gastfreundschaft von John und Stefanie: Wir durften uns Johns Geländewagen ausleihen, um ein bisschen am Strand herumzukurven, wir wurden auf die Weihnachtsfeier und den Schießstand mitgenommen, bekamen wertvolle Tipps für die weitere Strecke, und verbrachten Stunden mit Geschichten und Gesprächen über Motorräder, das Reisen, und das Leben allgemein.
Ach ja, und dann war da auch noch Nils, das verwaiste Baby-Känguruh, das die beiden aufziehen, und das sich gerne mal über die Weihnachtsdeko hermacht…
Zufälligerweise war während unserer Zeit in Esperance auch der „Toy Ride“ – eine typische Veranstaltungen, die in Australien rund um die Weihnachtszeit in vielen Orten stattfindet. Dabei werden Geschenke für Kinder aus armen Familien gesammelt, damit auch sie Päckchen unter dem Weihnachtsbaum haben. Zuvor aber gibt es eine Tour mit den dekorierten Motorrädern quer durch und um die Stadt – ein riesiger Spaß.
Schweren Herzens nahmen wir schließlich Abscheid von den beiden und Esperance, und wagten uns wieder voll ausgestattet mit Proviant und Wasser Richtung „Nullarbor“ – eine Gegend, die viele mit ein wenig Ehrfurcht in der Stimme erwähnen. Karstig, ohne Wasser, ohne Besiedlung, ohne Bäume – heiß und unwirtlich. Und das alles über rund 1000 Kilometer, bis man in den nächsten erwähnenswerten Ort kommt. Außerdem ist die Nullabor die Heimat der längsten geraden Straße Australiens – 147 Kilometer immer geradeaus ohne eine einzige Kurve.
Dank der Tipps von John wurde die Nullarbor aber für uns zu einem tollem Erlebnis. Gleich auf den ersten Kilometern in Richtung Osten erkundeten wir einige kleine Wege, die wir alleine niemals entdeckt hätten. Wir kamen vorbei an alten verlassenen „Homesteads“, den Siedlungen der ersten Europäer mitten im Busch, entdeckten spektakuläre Granitfelsen und wunderbare kleine Wege sowie hübsche Plätze zum Zelten mitten im Busch.
Ein weiterer Off-Road-Abstecher führte uns entlang des alten Telegraphenwegs. Der Weg war an einigen Stellen sandig, ziemlich überwuchert und wir mussten aufpassen, dass wir mit unseren Koffern nicht an Baumstümpfen oder abgebrochenen Telegraphenmasten im Gebüsch hängen blieben. Ein tolles Erlebnis aber trotz der Hitze, die uns hier mit Temperaturen über 40° C einholte, und insgesamt zwei platten Reifen an dem Tag.
Dass es entlang der Nullarbor keine Bäume gibt (Lateinisch: Nullus Arbor = kein Baum), ist übrigens nicht richtig. Es gibt jedoch Abschnitte, die tatsächlich baumlos sind. Und Wasser ist wirklich Mangelware. Selbst an den Roadhouses unterwegs hatten wir es schwer, Wasser zu bekommen. Eigentlich war es dort überall verboten, Wasser an den Hähnen aufzufüllen, aber wir schlichen uns dann doch immer heimlich mit unserem Kanister in die Toiletten, um Wasser abzufüllen, welches teilweise aber furchtbar nach Chlor schmeckte.
Unterwegs auf der Nullarbor trafen wir auch wieder mal zwei Radfahrer (einer aus Dänemark, einer aus England), die diese Wahnsinnstrecke bei der Hitze und Gegenwind zurücklegten – Hut ab! Wir sind immer wieder beeindruckt, wenn wir Radfahrer unterwegs treffen, die solche Distanzen unter extremsten Bedingungen zurücklegen.
Aber alles hat irgendwann ein Ende, auch die Nullabor mit ihren spektakulären Klippen, die kurz nachdem man die Grenze von West- nach Südaustralien überquert hat, steil ins Meer abfallen.
Die Gegend wurde wieder dichter besiedelt und bald säumten endlose Getreidefelder die Straße. Entlang der Küste entdeckten wir riesige Sanddünen, die nicht nur spektakulär waren, sondern auch tolle Plätze zum Zelten boten.
Von Ceduna aus, der ersten größeren Stadt seit Esperance, ging es dann nach Süden auf die Eyre Peninsula. Im Landesinneren ist die Halbinsel voller riesiger und eintöniger Getreidefelder, die Küsten sind dafür aber umso schöner und bieten tolle Campingmöglichkeiten am Strand.
Einer der Hauptgründe, warum wir den Umweg über die Halbinsel in Kauf nahmen, war, dass wir Linda, die wir beim Horizons Unlimited Treffen in Brisbane kennengelernt hatten, wieder sehen wollten. Linda ist ihr ganzes Leben immer wieder mit dem Motorrad um die Welt gereist. Die letzte Reise hat sie von Europa durch Asien bis nach Australien geführt, auf fast der gleichen Route, die wir gefahren sind – und das alleine und mit über 60 Jahren. Ihre Geschichten und ihre Lebensfreude, ihr Humor und ihre Fröhlichkeit sind wirklich inspirierend! Sie lebt in Port Lincoln, im Süden der Eyre Peninsula, und beherbergte uns für zwei Tage. Dabei zeigte sie uns nicht nur die Umgebung, wo wir unsere ersten wilden Koalas sahen, sondern sie führte uns auch ihr Kostüm für den musikalischen Auftritt an Weihnachten vor…. Dass sie inzwischen übrigens ihren Führerschein wegen zu schnellem Fahrens für drei Monate los ist und daher kurzerhand nach Süd-Ost-Asien für die Zeit verschwunden ist, spricht auch für sich…
Von Linda aus ging es dann relativ zügig weiter in Richtung Adelaide, wo wir unsere nächste Verabredung hatten. Der Weg dorthin führte uns durch die hübschen Weinanbaugebiete, die kurvigen Sträßchen und die kleinen Örtchen der Gegend – leider hatten wir aber nicht viel Zeit, um sie noch weiter zu erkunden.
Denn in McLaren Flat, südlich von Adelaide, wurden wir für die Weihanchtsfeiertage von Sherri Jo erwartet. Sherri Jo war etwas mehr als drei Jahre mit dem Motorrad um die Welt gereist und ist nun seit ca. einem halben Jahr wieder daheim. Heike hatte sie vor rund drei Jahren bei einem Horizons Unlimited Treffen in England kennengelernt und war seitdem ihrer Reise um die Welt online gefolgt. Wir verbrachten ein sehr nettes Weihnachten bei ihr mit Gesprächen rund um das Reisen und das Leben, mit wunderbarem Essen inklusive feinem Truthahn, leckerem Rotwein und anderen Delikatessen, und mit einer Ausfahrt zusammen mit dem Triumph Club Adelaide.
Von Adelaide ging es dann an der Küste weiter nach Melbourne. Zunächst entlang der über 100 Kilometer langen flachen Coorong Lagune, die ein Paradies für Vögel ist, dann durch die hügelige Landschaft an der Grenze zu Victoria, mit riesigen Wäldern und Kiefernplantagen, und schließlich über die berühmte Great Ocean Road mit ihren spektakulären Klippen und kurvigen Straßen.
Auf einer der Klippen, noch etwas vor der Great Ocean Road und abseits der Touristenmassen, feierten wir Sylvester – ganz alleine mit spektakuärer Assicht. Wir sahen die Sonne zum letzten Mal in 2013 im Meer versinken, dabei unter uns nur das tosende Meer, das an die Klippen donnerte, und um uns der eiskalte Wind, der uns bald ins Zelt trieb – ein wirklich besonderer Ort, um ein neues Jahr zu beginnen. Als wir um Mitternacht im kalten Wind zitternd mit einem Glas Sekt anstießen, hatten wir übrigens witzigerweise verpasst, dass die Uhr beim Übertritt nach Victoria umgestellt worden war. Wir begrüßten 2014 also eine halbe Stunde zu spät - das haben wir aber erst zwei Tage später bemerkt…. 🙂
An Neujahr wurden wir dann von miesem Regenwetter und Sturm eingeholt, so dass wir den Rest der Great Ocean Road nicht gerade genießen konnten. Den ganzen Tag bis nach Melbourne goss es in Strömen und wir machten kein einziges Foto – es war einfach zu nass, um den Foto aus der Tasche zu holen.
Außerdem war an diesem Tag wohl halb Melbourne wieder auf dem Weg nach Hause – wir standen große Abschnitte der berühmten Great Ocean Road einfach nur im Stau! Und für diese Straße kommen die Menschen um die halbe Welt geflogen? Ob es nun am Wetter lag, an dem furchtbaren Verkehr oder den vielen Touristen – begeistern konnte uns die Great Ocean Road auf jeden Fall nicht besonders – da hat wir schon schönere Ecken in Australien gesehen.
In Melbourne wurden wir herzlich von Lyn und Rob empfangen, die wir auf dem Campingplatz in Darwin kennengelernt hatten. Sie verwöhnten uns mit wunderbarem Essen, großartiger Gesellschaft, einem weichen Bett, vielen Infos rund um die Stadt, und – für Filippo besonders wichtig! – einer Werkstatt inklusive Drehbank, wo er endlich mal den Seitenständer seiner 1150er reparieren konnte.
Wir verbrachten eine wunderbare Zeit in Melbourne und erkundigten in der Zeit auch die Stadt. Sie erinnerte uns stark an Europa mit ihrem Mix aus alten und neuen Gebäuden, den vielen Straßencafés, den Straßenbahnen, kleinen Läden und Kunstgallerien.
Von Melbourne aus ging es weiter nach Tasmanien. Wie die Überfahrt von der grossen Insel auf die kleine war, was wir dort erlebt und wen wir dort wiedergetroffen haben, davon werden wir euch im nächsten Blogbeitrag berichten… es bleibt spannend!